Am 23. Februar 1863 wurde in Tettenweis bei Passau eine Legende der Kunstwelt geboren: Franz Ritter von Stuck. Er war nicht nur ein Künstler, er war ein Phänomen im wahrsten Sinne des Wortes. Sein Weg vom jungen Karikaturisten zu einer angesehenen Persönlichkeit in Münchens goldener Kunstära ist eine Geschichte von Talent, Innovation und Einfluss. Von Stuck zeigte schon früh eine Vorliebe für Zeichnung und Karikatur, was seine künstlerische Zukunft erahnen ließ. 1878 zog er nach München, um seine Fähigkeiten zu verfeinern – eine Stadt, die für sein Leben und seine Karriere von zentraler Bedeutung werden sollte. Seine Ausbildung an der Münchner Akademie zwischen 1881 und 1885 legte den Grundstein für seine vielfältigen künstlerischen Bemühungen.
( Pluto, circa 1909 )
Zunächst machte sich von Stuck mit Cartoons für die „Fliegenden Blätter“ sowie verschiedenen Entwürfen für Programmhefte und Buchschmuck einen Namen. Seinen ersten großen öffentlichen Erfolg feierte er jedoch mit seinem Gemälde „Der Wächter des Paradieses“, das 1889 im Münchner Glaspalast ausgestellt und mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurde. Dieser Erfolg war nur ein Vorgeschmack auf die weiteren Auszeichnungen. Das Jahr 1892 markierte einen Wendepunkt in von Stucks Karriere. Er war Mitbegründer der Münchner Secession, einer Bewegung, die die Münchner Kunstszene revolutionierte und mit den konventionellen Normen der Zeit brach. Im selben Jahr schuf er seine erste Skulptur, „Der Athlet“, die seine Vielseitigkeit als Künstler unter Beweis stellte. Doch erst sein Gemälde „Die Sünde“ katapultierte ihn zum Ruhm und erntete Anerkennung von Kritikern und Publikum. 1893 erhielt er eine Goldmedaille auf der Weltausstellung in Chicago und wurde bald darauf zum königlichen Professor ernannt.
( Golgatha, circa 1917 )
Von Stucks Einfluss ging über seine künstlerischen Arbeiten hinaus. 1895 begann er, Malerei an der Münchner Akademie zu unterrichten, wo er die Karrieren zukünftiger Größen wie Paul Klee, Wassily Kandinsky und Josef Albers prägte. Sein Unterrichtsstil und seine künstlerische Herangehensweise prägten maßgeblich die nächste Künstlergeneration. 1897 heiratete von Stuck die amerikanische Witwe Mary Lindpainter und begann mit dem Entwurf seines eigenen Wohnhauses und Ateliers, der Villa Stuck. Dieses Projekt zeugte von seiner künstlerischen Vision, die sich bis ins kleinste Detail erstreckte – von der Architektur bis zur Inneneinrichtung. Die Villa Stuck ist bis heute ein Symbol seines umfassenden künstlerischen Könnens.
(Salome, circa 1908)
( Luzifer, circa 1890 )
( Pietà, um 1891 )
Von Stucks Beiträge zur Kunstwelt wurden mit zahlreichen Ehrungen gewürdigt, darunter die Nobilitierung im Jahr 1905. Er war Mitglied der Internationalen Gesellschaft der Bildhauer, Maler und Graveure, und seine Werke wurden sogar im Kunstwettbewerb der Olympischen Sommerspiele 1928 präsentiert. Trotz wechselnder künstlerischer Strömungen blieb von Stucks Einfluss ungebrochen und wurde von jungen Künstlern und Kollegen gleichermaßen geschätzt. Bis zu seinem Tod am 30. August 1928 blieb er eine herausragende Persönlichkeit der Münchner Kunstszene. In seiner Trauerrede bezeichnete er ihn treffend als „den letzten Kunstfürsten der großen Münchner Zeit“. Franz Ritter von Stucks Vermächtnis ist in seinem vielfältigen Werk und den Generationen von Künstlern, die er inspirierte, verewigt. Seine Lebensgeschichte erzählt nicht nur von seinen Leistungen, sondern auch von seinem nachhaltigen Einfluss auf die Kunstwelt.